Mäusebussarde - Rufe der Wildnis


foto: a. gehrke
foto: a. gehrke

Der Mäusebussard ist sicherlich mit dem Turmfalken der Greifvogel, der am leichtesten zu beobachten ist. Vor allem, wenn er ausdauernd im Aufwind kreist, ist er sehr gut zu identifizieren. Häufig ruft er katzenhaft und macht auf sich aufmerksam. Für mich ist dieser Ruf, der auch in Stadtgebieten nicht selten zu hören ist, immer wieder eine Aufforderung, meine Aufmerksamkeit auf die Natur zu lenken. 

 

Foto: Bärbel Franzke
Foto: Bärbel Franzke

Farbvariationen

Die Färbung kann von sehr hell bis dunkelbraun sehr unterschiedlich sein, im Bild ist die helle Färbung zu sehen, die etwa 1/6 der Mäusebussarde aufweisen, ebenso wie die dunkelste Variante. Die mittelbraune häufigste Färbung findet sich bei 2/3 der Tiere. Dieses Verhältnis ist in den Erbanlagen festgelegt und wiederholt sich ständig. Das bedeutet, dass unabhängig von der Färbung der Eltern die jungen Bussarde statistisch gesehen diese Färbungsverteilung aufweisen. Forscher der Uni Bielefeld fanden heraus, dass sich bei unterschiedlichen Färbungen auch Unterschiede im Verhalten, wie beispielsweise in Bezug auf die Aggressivität feststellen lassen. So agierten die hellen Bussarde im Versuch am aggressivsten. Ein möglicher Erklärungsversuch wäre, das diese Vögel einen Nachteil bzgl. der Tarnung haben und nur die Vögel erwachsen werden, die entsprechend schneller und heftiger angreifen, als ihre günstiger gefärbten Artgenossen.

 

Foto: Bärbel Franzke
Foto: Bärbel Franzke

Nicht nur Mäuse sind beliebt

Vom Namen her lässt sich nicht schwer auf die Nahrung des Mäusebussards schließen: Im allgemeinen jagt er bei ausreichendem Angebot vor allem kleine Säugetiere wie Feld- und Waldmäuse, Kaninchen, Eichhörnchen und Maulwürfe. Abweichungen hiervon gibt es auch. So wurde auch beobachtet, dass Mäusebussarde Vögel, Lurche oder Reptiien erbeuten. Die Beutevögel sind aber überwiegend junge oder geschwächte Vögel.

Mäusebussarde ernähren sich auch von Aas, nicht selten werden sie auf Strassen zu Verkehrsopfern, wenn sie versuchen an das Fleisch von überfahrenen Kaninchen oder Igeln zu kommen.

Am Ende sind sie, wie viele andere Beutegreifer auch, Opportunisten, das heißt sie ergreifen Gelegenheiten, die sich ihnen bieten. Daraus erschließen sich dann auch recht einfach die großen Unterschiede in der Nahrungszusammensetzung, die sich bei Futteranalysen unterschiedlicher Habitate finden lassen. Aber auch in vergleichbaren Habitaten gibt es teils erhebliche Differenzen: Einige Bussarde nehmen als klassische Opportunisten alles, was sich schnell und einfach erbeuten lässt, während andere eine besondere Vorliebe für Reptilien zeigen und Kleinsäuger in Ruhe lassen. Ein Bussard brachte sogar lieber mehrere Kreuzottern aus 500m Entfernung zum Horst, anstatt Ringelnattern aus der unmittelbaren Horstumgebung zu jagen.

 

Obwohl man die Bussarde häufig länger kreisen sieht, sind sie dennoch eigentlich Ansitzjäger. Das heißt sie sitzen auf einem Pfahl oder in einem Baum und warten auf eine günstige Gelegenheit auf der Wiese oder dem Feld unter ihnen. Sind also 3 oder 4 kreisende Bussarde zu sehen, sitzen vielleicht noch mehr in den umliegenden Bäumen.

 

Foto: Bärbel Franzke
Foto: Bärbel Franzke

Krähenscharmützel

Wirkt der Mäusebussard auch auf den ersten Blick etwas steif im Segelflug, so ist er doch wendig und beweglich. Das kann man gut beobachten, wenn Krähen von oben angreifen und der Bussard mit einer seitlichen Rolle die Krallen nach oben wendet. Wer das Glück hat, Balzflüge, die ersten Ausflüge der Jungvögel oder Bussarde im Horstanflug durch Buchenkronen beobachten zu können, hat schnell ein anderes Bild von diesen faszinierenden und in Wahrheit sehr gewandten Vögeln.

 

Viele fragen sich, wieso nicht selten die Krähen größere und stärkere Bussarde vertreiben können. Nun, in der Natur geht es vor allem um Energie, also mit möglichst wenig Mitteln den Lebensunterhalt zu "verdienen". Ein Vogel wird vor allem dann aggressiv und ausdauernd um ein Revier kämpfen wenn es ihm sehr wichtig ist. Das gilt für Krähen und Bussarde. Üblicherweise hat das zur Folge, dass der gewinnt, der seinen Horst verteidigt - der "Nahrungsgast" gibt nach und zieht ab. Ein unnötiger Kampf bedeutet am Ende auch unnötigen Energieverlust und das Risiko einer Verletzung.

 

Foto: Bärbel Franzke
Foto: Bärbel Franzke

Angriffe auf Menschen

Hört man in der Presse von Greifvögeln Jogger, Radfahrer oder Spaziergäger anfliegen, sind das häufig Mäusebussarde. Grund für diese Aggression ist allein der Schutz der eigenen Brut. Vögel haben genauso einen eigenen Charakter und eine familiäre Prägung wie Menschen, so gibt es Bussarde, die im Falle von Störungen in Horstnähe fliehen und andere, die ihre Jungen verteidigen.

 

Übrigens lernen Vögel auch die Menschen kennen, die sich in ihrer Nähe häufiger bewegen. So kann es sein, dass jemand, der wiederholt langsam, still und friedvoll durch den Wald schlendert und dabei den Bussard nicht anstarrt eher toleriert wird, als ein grell gekleideter Jogger, der ohne Aufmerksamkeit für die Lebewesen des Waldes seinen Weg "entlangprescht" oder ein Fotograph, der durch sein Teleobjektiv schaut.. Jedenfalls habe ich im Zuge von langjährigen Greifvogelkartierungen registriert, dass die Fluchtdistanz bei einigen Vögeln stark gesunken ist.

 

Insgesamt gesehen ist das beschriebene Verhalten sehr selten, vor allem wenn es in Relation zur Mäusebussardpopulation betrachtet wird.

 

Wacholderdrosseln und Mäusebussarde

Seit den frühen 70er Jahren wird in Deutschland auch zunehmend beobachtet, was bis dahin nur aus Skandinavien berichtet wurde: Wacholderdrosseln fliegen Kotangriffe auf Greifvögel, Eulen und Krähenvögel, besonders häufig aber auf Mäusebussarde. Eine mögliche Begründung ist der vorwiegende Aufenthalt beider Arten im Waldrandbereich. Mäusebussarde sind keine ausgewiesenen Vogeljäger, sind aber jederzeit in der Lage ein Drosselnest voller Jungvögel leerzuräumen. In Versuchen zeigte sich, dass sich dieses Verhalten auf eine Entfernung von etwa 50m zur eigenen Brut beschränkte. Die Drosseln fliegen im hohen Tempo auf die für die Brut bedrohlichen Vögel zu, bremsen dann ab und spritzen zielgerichtet mit Kot. Die Bussarde bleiben dann meist sitzen, vielleicht weil sie sich flugunfähig fühlen. Häufig kommen dann weitere Drosseln und koten den Vogel weiter voll. Dieser bleibt sitzen und verhungert am Ende. Bauern haben wiederholt beobachtet, wie Bussarde regungslos auf den Feldern sitzen und in Bodenbearbeitungsmaschinen geraten ohne aufzufliegen. 

 

Die Angriffe wuren auch auf fliegende Vögel beobachtet, die Drosseln fliegen ihre Ziele dann von oben an. Krähen haben gelernt, sich in gefährdeten Regionen von Baum zu Baum im Wald fortzubewegen, um den Angriffen zu entgehen.

 

In Gegenden, in denen Wacholderdrosseln wie beschrieben verhalten, kommt es nicht selten zu einem starken Anstieg ihrer Population.

 

Foto: Bärbel Franzke
Foto: Bärbel Franzke

Hier gibt es einen Konflikt eines Mäusebussards mit einem Graureiher um ein Stück Aas zu sehen. Der Bussard lässt sich nicht wirklich vom viel größeren Konkurrenten einschüchtern.

Hier ein ähnlicher Streit mit einem jungen weiblichen Habicht.